Strategischer Rahmen für ein leistungsfähiges und zukunftsfittes soziales Netz in Vorarlberg
Mit der neuen Sozialfondsstrategie 2030 legen Land und Gemeinden einen umfassenden strategischen Rahmen für die Weiterentwicklung des sozialen Netzes in Vorarlberg vor. Ziel ist es, soziale Leistungen auch unter angespannten finanziellen Rahmenbedingungen verlässlich abzusichern, bedarfsgerecht weiterzuentwickeln und strukturell zukunftsfit aufzustellen. Im Mittelpunkt stehen dabei eine klare strategische Ausrichtung, eine stärkere Wirkungsorientierung, mehr Transparenz in der Finanzierung sowie eine konsequente Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Menschen, die Unterstützung benötigen. Ein sicheres Netz, für alle, die es brauchen, schnell erreichbar, effizient und bürgernah.
Landesrätin Martina Rüscher und Gemeindeverbandspräsident Walter Gohm betonen die Bedeutung der neuen Strategie: „Die Sozialfondsstrategie 2030 ist ein zentraler Meilenstein für die Weiterentwicklung unseres sozialen Netzes. Sie schafft Klarheit über Ziele, Prioritäten und Verantwortlichkeiten und stärkt die Zusammenarbeit zwischen Land, Gemeinden und Trägerorganisationen. Unser Anspruch ist ein soziales System, das verlässlich unterstützt, wirkungsvoll eingesetzt wird und auch unter schwierigen Rahmenbedingungen solidarisch trägt.“
Ein starkes soziales Netz – und der Mut, es weiterzuentwickeln
Vorarlberg verfügt über eines der dichtesten und leistungsfähigsten sozialen Sicherungssysteme in Österreich. Über Jahrzehnte hinweg wurde ein Netz aufgebaut, das Menschen in schwierigen Lebenslagen verlässlich unterstützt – von der Existenzsicherung über Pflege und Betreuung bis hin zur Kinder- und Jugendhilfe sowie zur Chancengleichheit. Dieses soziale Netz ist ein wesentlicher Pfeiler des gesellschaftlichen Zusammenhalts und Ausdruck gelebter Solidarität im Land.
Gleichzeitig ist klar: Ein starkes System bleibt nur dann stark, wenn es sich weiterentwickelt. Gesellschaftliche, demografische und wirtschaftliche Veränderungen stellen das Sozialsystem vor neue Herausforderungen. Mit der Sozialfondsstrategie 2030 reagieren Land und Gemeinden gemeinsam auf diese Entwicklungen. „Diese Strategie als Ergebnis eines einjährigen Reformprozesses mit Land, Gemeinden unter Einbindung von Trägern der freien Wohlfahrtspflege ist ein Zukunftsprojekt und steht für einen Schritt nach vorne. Wir sichern das soziale Netz in Vorarlberg, indem wir es verantwortungsvoll steuern, weiterentwickeln und gemeinsam Verantwortung übernehmen. Begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen werden gerecht verteilt und effizient eingesetzt“, so Landesrätin Martina Rüscher.
Ausgangslage: verlässliche Leistungen anbieten, Ausgaben kontrollieren, Versorgung sichern
Der Vorarlberger Sozialfonds wird durch das Land Vorarlberg (60 Prozent) und die Vorarlberger Gemeinden (40 Prozent) finanziert. Über den Sozialfonds werden zentrale Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe, der Sozial- und Wohnungslosenhilfe, der Pflege und Betreuung, also Pflegeheime, Hauskrankenpflege und MoHi, sowie der Chancengleichheit finanziert. Letztere umfasst die Bereiche Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie und Sucht.
Vorarlberg steht vor tiefgreifenden sozialen Herausforderungen: eine alternde Bevölkerung, steigende psychosoziale Belastungen, komplexe Lebenslagen und zunehmende Anforderungen an pflegende Angehörige. Gleichzeitig sind die personellen und finanziellen Ressourcen aus Steuermitteln begrenzt – hohen Ausgabensteigerungen der vergangenen Jahre stehen sinkenden Einnahmen der öffentlichen Hand gegenüber.
Im 2026 steigt das Ausgabenvolumen des Sozialfonds auf rund 551 Millionen Euro, im Vergleich zu 522 Millionen Euro im Jahr 2025 bzw. zu 396 Millionen Euro im Jahr 2020 – ein Zuwachs von rund 30 Mio. im Vergleich zu 2025 und rund 155 Mio. bzw. 39 Prozent von 2020 bis 2026. Diese Entwicklung bringen sowohl viele Gemeinden als auch das Land an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. „Wir investieren weiterhin massiv in den Sozialbereich. Aber wir tun das künftig mit klaren Zielen, transparenter Steuerung und einem gemeinsamen Verständnis von Wirkung“, so Landesrätin Martina Rüscher.
Die Finanzierung des Sozialfonds ist für viele Gemeinden seit Jahren kaum noch zu stemmen. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen zur gemeinsamen Neuausrichtung standen und stehen daher ganz klar die Dämpfung des Ausgabenwachstums, die Sicherstellung der sozialen Daseinsvorsorge in den Vorarlberger Gemeinden sowie eine insgesamt verbesserte und wirkungsorientierte Steuerung durch die öffentliche Hand. Es ist entscheidend, die Handlungsfähigkeit der Gemeinden langfristig abzusichern und gleichzeitig sicherzustellen, dass soziale Leistungen dort ankommen, wo sie am dringendsten benötigt werden – unmittelbar bei den Menschen in den Gemeinden.
Gemeindeverbandspräsident Walter Gohm betont: „Die Gemeinden müssen ihre Aufgaben weiterhin verlässlich erfüllen können. Gleichzeitig müssen wir gewährleisten, dass soziale Unterstützungsleistungen zielgerichtet und möglichst nah an den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen. Das ist eine grundlegende Voraussetzung für ein funktionierendes soziales Netz in unserem Land.“
Stabilisieren, steuern und zukunftsfähig weiterentwickeln
Unabhängig von der aktuellen finanziellen Lage bestand im Sozialfonds seit längerem Reformbedarf. Viele Strukturen sind über Jahrzehnte gewachsen, Angebote wurden ständig ausgebaut, Zuständigkeiten erweitert und komplexe Finanzierungslogiken fortgeschrieben. Dieses Wachstum hat das System leistungsfähig gemacht, aber auch „undurchschaubarer“ und in Teilen schwerer steuerbar. Hinzu kommen neue Herausforderungen: der zunehmende Fachkräftemangel, insbesondere in Pflege und Betreuung, sowie die demografische Entwicklung mit einem steigenden Anteil älterer Menschen und einem wachsenden Unterstützungsbedarf. Gleichzeitig verändern sich Lebenslagen, familiäre Strukturen und gesellschaftliche Erwartungen.
Die Sozialfondsstrategie 2030 setzt genau hier an. Sie ist das Ergebnis eines Strukturprozesses, der im Jahr 2025 gemeinsam mit dem Vorarlberger Gemeindeverband und unter Einbindung zentraler SystempartnerInnen durchgeführt wurde und mit der Präsentation der neuen Sozialfondsstrategie 2030 abgeschlossen wird.
Der Prozess gliederte sich in drei thematische Schwerpunkte: In einem ersten Schritt wurden die Rollen, Zuständigkeiten und Steuerungsfragen zwischen Land und Gemeindeverband geklärt. Darauf aufbauend folgte der Austausch mit den Trägern der Wohlfahrtspflege zu Rahmenbedingungen und Weiterentwicklungsbedarfen. In einem dritten Schritt stand die Wirkungsorientierung im Mittelpunkt, mit dem Ziel, Leistungen künftig noch stärker an ihrem tatsächlichen Nutzen für die Menschen auszurichten. Fachlich begleitet wurde der Prozess in den ersten beiden Prozessschwerpunkten von Prof. Nikolaus Dimmel (Rechtssoziologe), die Arbeiten zur Wirkungsorientierung erfolgten in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsuniversität Wien.
Ziel des gesamten Prozesses war eine verantwortungsvolle, transparente Steuerung und eine klare Ausrichtung sozialer Leistungen unter sich verändernden finanziellen, gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen.
Das Strukturbild Sozialfonds zeigt die zentralen Akteurinnen und Akteure, die Steuerungslogik und die Finanzierungsmechanismen zur effektiven Umsetzung sozialer Leistungen in Vorarlberg.
