Die Sterbehilfe war in Österreich über viele Jahre ein Tabuthema. Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) vom 11. Dezember 2020, das klarstellte, dass der Straftatbestand der „Hilfeleistung zum Selbstmord“ gegen das Recht auf Selbstbestimmung verstoße, war der Startschuss für eine bis heute andauernde öffentliche Diskussion. „Damit kippte das Höchstgericht – mit Wirksamkeit 1. Jänner 2022 – die Strafbarkeit der Beihilfe zum Selbstmord. Im gleichen Atemzug hielt der VfGH auch fest, das Tötung auf Verlangen weiterhin strafbar bleibe“, erläutert VP-Landtagsabgeordnete Andrea Schwarzmann die komplexe rechtliche Situation. Auf Bundesebene haben sich, nach langwierigen Verhandlungen unter Einbindung von Experten und der Zivilgesellschaft, die beiden Regierungsfraktionen mit dem Sterbeverfügungsgesetz auf einen Gesetzesentwurf geeinigt, der künftig die Beihilfe zum Suizid bei Schwerstkranken regeln soll. „Der assistierte Suizid kann mit einer Sterbeverfügung in Anspruch genommen werden. Diese ist der Patientenverfügung nachempfunden und kann nur von der schwerkranken Person höchstpersönlich errichtet werden. Minderjährige können keine Sterbeverfügung errichten“, berichtet VP-Landtagsabgeordnete Heidi-Schuster-Burda.
Die beiden Abgeordneten der Vorarlberger Volkspartei respektieren das Urteil des Höchstgerichts und die damit notwendig gewordene Neuregelung des Rechtsbestandes. Allerdings verhehlen sie nicht, dass sie den nun möglichen assistierten Suizid insgesamt als kritische Entwicklung betrachten. „Es wird immer eine Gratwanderung bleiben, wie die Freiwilligkeit einer solchen Entscheidung garantiert werden kann,“ geben die beiden Abgeordneten zu bedenken. Sie verweisen deshalb auf eine aktuelle Landtagsanfrage, die sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Susanne Andexlinger an Landesrätin Martina Rüscher gerichtet haben.
Der Entwurf der Bundesregierung sieht auch den deutlichen Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung vor. Ein Weg, der in Vorarlberg seit vielen Jahren beschritten wird. „Wir sind der Überzeugung, dass eine professionelle Sterbebegleitung die beste Antwort auf eine künftig mögliche Beihilfe zum Selbstmord darstellt“, betonen die VP-Abgeordneten Schwarzmann, Schuster-Burda und Andexlinger übereinstimmend. Die Allgemeinmedizinerin Susanne Andexlinger verweist dabei auf die langjährige Erfahrung mit der Sterbebegleitung im Land: „Im Jahr 2018 wurde das Hospiz am See eröffnet. Dazu gibt es die regionale Hospizbegleitung und das mobile Palliativ-Team der Caritas sowie die Mobile Kinderkrankenpflege der connexia. Sie unterstützen Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige auch zu Hause. Die Palliativstation im LKH Hohenems dient als Kompetenzzentrum für Palliativ- und Hospizversorgung und übernimmt die wichtige Aufgabe der Vernetzung und Kompetenzstärkung aller Systempartner“.
Von der Anfragebeantwortung erwartet sich LAbg. Andrea Schwarzmann eine detaillierte Übersicht über das bereits bestehende Angebot an Palliativ- und Hospizleistungen im Land. „Ich bin froh, dass wir in diesem Bereich gut aufgestellt sind. Gleichzeitig wird schon auf Grund der Demografie der weitere Ausbau von Nöten sein. Hier erwarte ich mir von Seiten des Bundes nicht nur Lippenbekenntnisse in Richtung professioneller Sterbebegleitung, sondern auch die entsprechenden Finanzierungszusagen für die notwendigen nächsten Schritte“, so Andrea Schwarzmann abschließend.
Foto: Land Vorarlberg